Gut zu wissen Strand-Figur und Sixpack: Warum es okay ist, sie nicht zu haben
Bald ist Strandsaison – und damit beginnt für viele die Zeit, in der sie sich noch für Badehose und Bikini fit machen wollen. Das bringt allerdings das ein oder andere Risiko mit sich.
Der deutsche Sommer hat gerade nur wenig mit Sommer zu tun. Der Deutsche Wetterdienst hat seine bundesweiten Messstationen ausgewertet und festgestellt: Noch nie seit 1881 gab es in Deutschland so niederschlagsreiche zusammenhängende zwölf Monate wie im Zeitraum Juli 2023 bis Juni 2024. Kalt und vor allem nass, kurzum unschön.
Mit jedem Regenguss wächst die Sehnsucht nach Sonne, Strand und Meer. Und pünktlich zum Start der Reise-Saison tauchen am Kiosk und im Internet wieder die typischen Zeilen auf: "Sixpack in sechs Wochen." Oder: "So werden Ihre Bauchmuskeln bikinifit." Es ist die Rede von Strandfigur, Bauchfett und Bauchansatz – sowohl bei Männern als auch Frauen.
Interview
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Man mag die Nase rümpfen, dass man sich 2024 darüber noch Gedanken macht. Aber die Welt ist so. Insbesondere, weil wir im Alltag inzwischen ständig mit auf Hochglanz polierten Bildern konfrontiert sind. Ich gebe zu, auch ich habe schon den Traum vom Waschbrettbauch geträumt.
Aber wie sinnvoll ist es, nach Bikinifigur und Sixpack zu streben? Vor allem jetzt, so kurz vor Beginn der Ferien? Kann das überhaupt funktionieren? Die Antwort ist leider ein klares Nein. In den allermeisten Fällen wird es schief gehen. Das Versprechen einer gestählten Körpermitte innerhalb weniger Wochen ist nicht nur unrealistisch, sondern auch noch ungesund. Um innerhalb weniger Wochen seine Bauchmuskeln so zu trainieren, dass sie sich deutlich abzeichnen, muss in den allermeisten Fällen eine brutale und einseitige Diät eingehalten werden. Denn es sind eben nicht Sit-Ups, Crunches und Planks, die das Bauchfett schrumpfen lassen. Es ist am Ende die Ernährung.
Die Strandfigur erreicht nur, wer mehr Kalorien verbrennt
Muskeltraining allein reicht nicht aus. Schon gar nicht, wenn es, wie bei Sit-Ups der Fall, nur wenige und kleine Muskelbereiche aktiviert. Wer wirklich Fett abbauen will, muss auch die Kalorienzufuhr reduzieren. Der Ernährungswissenschaftler Karsten Köhler sagt: "Wer abnehmen will, muss mehr Kalorien verbrennen, als er zuführt. Anders geht es nicht." Und auch hier ist wieder Vorsicht geboten. Eine Radikalkur mit knallharter Diät ist wenig hilfreich. Im Gegenteil: Sie führt ziemlich sicher zum gefürchteten JoJo-Effekt.
Denn der menschliche Körper ist äußerst trickreich, wenn es darum geht, seine eigenen Reserven zu schützen. Hunger ist – neben akutem Durst – der mächtigste Trieb, den die Evolution der Menschheit mitgegeben hat. Niemand fordert ihn ungestraft heraus. Der Körper macht dann nämlich das, was er immer tut, wenn Energie knapp wird: Er verlangsamt den Grundumsatz, jene Energie also, die wir brauchen, um Vitalfunktionen wie Herzschlag, Atmung und Temperaturregulierung aufrechtzuerhalten. Um dann, wenn die Diät vorbei ist und wieder ausreichend Nahrung aufgenommen wird, sogar noch mehr Reserven anzulegen.
Wer nachhaltig abnehmen will, braucht Geduld – und die Bereitschaft, seine Ernährung grundsätzlich umzustellen. Vor allem eine pflanzenbasierte Kost mit viel Gemüse, Obst, gesunden Ölen, Fisch und ab und zu Fleisch kann der Schlüssel zum langfristigen Erfolg sein. Laut einer Studie der Ben-Gurion-Universität in Israel ist es genau diese Ernährungsform, mit der man am effektivsten Gewicht verliert.
Damit sich die Muskeln am Bauch deutlich abzeichnen, sollte der Körperfettanteil nicht höher als 14 Prozent liegen. Selbst bei jungen und gut trainierten Männern liegt dieser Durchschnitt hierzulande bei 18 Prozent. Bei Frauen sogar bei 25 Prozent. Um ihn auf gesunde Weise zu senken, reichen ein paar Wochen vor den Ferien nicht aus. Dieses Ziel erreicht man nur, wenn man dem Körper bewusst Essen entzieht und auf eine einseitige Ernährung setzt – was wie bereits beschrieben keine gute Idee ist.
Gesunde Ernährung lässt das Bauchfett schrumpfen
Frauen haben es außerdem von Natur aus schwerer. Sie haben ohnehin einen höheren Fettanteil im Körper und unterliegen außerdem stärkeren Hormonschwankungen. Je nach Zyklus-Phase lagern sie vermehrt Wasser ein. Sinkt der Körperfettanteil zu stark (und zu schnell), drohen außerdem zahlreiche gesundheitliche Probleme. So bildet sich oft ein Mangel an Vitaminen, Nähr- und Mineralstoffen. Bei Frauen bleibt in solchen Fällen häufig die Regelblutung aus. Denn der Körper versucht mit allen Mitteln, Energie zu sparen.
Was also tun? Will man das – übrigens auch extrem ungesunde – Fett am Bauch schrumpfen, sollte man gesunde Ernährung mit Kraft- und Ausdauertraining kombinieren. Eine Besonderheit von Krafttraining ist, dass man nicht nur während der Aktivität kräftig Kalorien und Fett "verbrennt", sondern auch in den Stunden danach. Laut einer Studie der University of South Australia wird man so bis zu 14 Stunden nach dem Training etwa 300 zusätzliche Kilokalorien los. Die Trainingseinheiten sollten aber nicht kürzer als 30 Minuten sein und mehrmals pro Woche stattfinden.
Eine weitere Wahrheit ist auch, dass es für einen Sixpack oder die schmale Taille längst nicht ausreicht, nur den Bauch zu trainieren. Nur ein Ganzkörper-Training sorgt für mehr Muskelmasse – und die verbrennt dann sogar in Ruhe mehr Energie als Fett.
Zum Ende dieses Textes noch ein Aber: Die Muskeln in der Körpermitte – sowohl am Bauch als auch am Rücken – zu stärken, ist jenseits des Sixpacks eine sehr gute Idee. Denn der Bauch stabilisiert den gesamten Körper. Wer dort starke Muskeln hat, ob sichtbar oder nicht, leidet deutlich weniger unter Rückenschmerzen. Und bei Läuferinnen und Läufern ist durch Studien belegt, dass ein stabiles Muskelkorsett und die damit einhergehende Stabilität sehr effektiv vor Verletzungen schützt.
Egal wie, ein Sixpack ist eine Lebensaufgabe, so wie körperliche Fitness generell. Rastet man, verschwinden beide sehr schnell. Ohne Training schrumpft die Muskulatur bereits nach acht bis zehn Tagen. Muskelproteine werden abgebaut, die Energiespeicher geplündert. Dauert die Pause noch länger, legt der Körper sogar kleinere Nerven- und Blutbahnen still, die bislang zu den Muskeln führten.
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